Das Reformationskonzert am 31. Oktober 2018 war – wie schon in den Jahren zuvor – mal wieder etwas ganz Besonderes, aber „besonders“ ist eben auch jedes Jahr wieder völlig anders besonders.

Stephan Hebold und Therese Härtel hatten sich ein buntes und ungewohntes Programm ausgesucht – sozusagen gelebter Reformgeist… Klaviermusik und Vokalstücke mit dem Finkenkruger Vokalensemble, erweitert um die Malerei als Stimmungselement – Musik zum Bild mit viel französischem Einschlag…

Reformieren Sie sich – wechseln Sie die Perspektive und gucken Sie mal völlig anders auf das Gewohnte – dieser Ansatz war Programm, wie ich schon beim Betreten der Kirche merkte – eben alles anders als sonst. Zunächst: Die Kirche war voll. Mit einem Platz auf der Seitenempore hatte man – anders als im Normalfall – einen besonders guten Ausblick auf das Konzertgeschehen und in diesem Fall auch auf die Leinwand, die zwischen den beiden rechten Fenstern montiert war. Und die Bänke standen auch kreativ andersherum als sonst – eben mit Blick auf die seitliche Kirchenwand.

Dergestalt auf „Nichtstromlinienförmigkeit“ eingestimmt, wurde man auch im Konzert immer wieder aufs Neue überrascht. Dazu trugen auch die meditativen Bilder von Vanessa von Wendt bei, die jeweils sehr passend zu den Stücken ausgesucht waren und die Konzentration auf die Musik vertieften.

Nur – wo bitte in diesem ausgesprochen vielfältigen Programm sollte/durfte man klatschen? Mit Herrn Wizisla hatte ich gerade nach dem ersten Stück zum Klatschen angesetzt, da – Licht anders, Pianist anders, Musik anders – ging es auf dem Klavier von Debussy im Schummerlicht mit Stephan Hebold nahtlos über zu Chatchaturjan mit Therese Härtel bei voller Beleuchtung – ein sicher gewollter „Stilbruch“ – eben „Re-Form“. Danach haben wir uns dann bis zum Konzertende mit dem Klatschen nicht mehr getraut, dann aber dafür umso doller geklatscht – die Akteure hatten es verdient!

Das Finkenkruger Vokalensemble war mal wieder richtig gut – für mich in der Zuhörerrolle ungewohnt, aber eben auch mal anders als sonst. Für die relativ kurze Probenzeit eine reife Leistung. Sagen Ihnen die Komponisten Maurice Duruflé, Arvo Pärt, Hans Schmitt-Mannheim, Enjott Schneider, Volker Bräutigam, Colin Mawby oder Ola Gjeilo was? Nein? Mir auch nicht – willkommen im Club! Die haben aber trotzdem – sicher gerade für dieses Konzert – tolle Gesangsstücke komponiert. Nur Bach zum Abschluss war dann sozusagen wieder ein alter Bekannter.

Jedes Stück war individuell und zum Teil auch sehr ungewohnt, aber wer offen für Neues ist, bleibt flexibel. Auf die Frage nach dem Konzert, welches der Gesangsstücke ich am besten fand, hab ich geantwortet: „das, was eigentlich gar keinen richtigen Text hatte und wo das Bild mit dem Tisch an der Wand war“ – es war „Da pacem domine“ von Arvo Pärt. Ich wurde dann aufgeklärt, dass es einfach ein extrem gedehnter Text war, der so in seine Einzelvokale zerfiel – aha, wieder was dazugelernt…

Vielleicht sehen wir uns ja beim nächsten Reformationskonzert – aber hoffentlich natürlich schon früher, zum Beispiel beim Adventskonzert im Kerzenschein am 2. Advent…

SiSch